Wenn Kinder nur noch nerven: Was stimmt nicht mit uns?

 Im Gespräch mit meinen Arbeitskollegen fällt mir immer wieder etwas auf: Viele von ihnen erzählen von ihren kleinen Kindern – aber nicht mit Freude, sondern mit einem Seufzen, einem genervten Blick, manchmal sogar mit Frust. Es geht um Schlafmangel, Trotzanfälle, Geschrei, Unordnung und das ständige Bedürfnis der Kinder nach Aufmerksamkeit. Die Kinder sind bis zu sechs Jahre alt. Eine Zeit, die viele als besonders anstrengend erleben.

Doch für mich war diese Zeit die schönste. Ich erinnere mich gerne an die vielen gemeinsamen Erlebnisse, das Kuscheln, das Lachen, die Neugier in ihren Augen. Meine Kinder haben mich nicht genervt. Sie haben mich bereichert. Warum also empfinden so viele diese Lebensphase als Belastung?

Was ist mit den anderen Eltern los?

Wer über seine Kinder klagt, liebt sie in der Regel trotzdem. Doch die Art, wie manche Eltern über ihre Kinder sprechen, verrät mehr über ihr eigenes inneres Erleben als über das Verhalten des Kindes. Vielleicht liegt das Problem nicht bei den Kindern – sondern bei uns Erwachsenen.

Hier sind einige mögliche Ursachen:

  • Überforderung: Der Alltag mit Beruf, Haushalt, Kindern und gesellschaftlichen Erwartungen ist stressig. Wenn Unterstützung fehlt, kann jedes Bedürfnis eines Kindes wie eine zusätzliche Last wirken.

  • Unverarbeitete eigene Kindheit: Wer selbst wenig Liebe oder Geborgenheit erfahren hat, tut sich oft schwer, diese an die nächste Generation weiterzugeben.

  • Fehlende emotionale Reife: Eltern zu werden heißt nicht automatisch, innerlich bereit zu sein. Wer sich selbst noch nicht gefunden hat, wird sich in der Elternrolle schnell überfordert fühlen.

  • Falsche Vorstellungen vom Elternsein: Wer glaubt, Kinder müssten „funktionieren“ oder sich immer anpassen, ist frustriert, wenn sie einfach nur sie selbst sind – wild, fordernd, lebendig.

Was macht den Unterschied?

Ich habe meine Kinder nie als Störung empfunden. Natürlich gab es anstrengende Tage – aber nie diese innere Ablehnung. Ich glaube, der Unterschied liegt in der Haltung:

  • Ich habe meine Kinder bewusst gewollt.

  • Ich konnte mich auf sie einlassen – emotional, geduldig, neugierig.

  • Ich habe nicht gegen die Realität gekämpft, sondern das Schöne darin gesehen.

  • Ich war einfach da – nicht nur körperlich, sondern mit dem Herzen.

Was läuft also falsch?

Vielleicht ist das eigentliche Problem, dass unsere Gesellschaft sich von der Liebe entfernt hat. Elternsein wird oft als Pflicht betrachtet, nicht als Geschenk. Kinder werden zu Projekten oder Belastungen – anstatt als Menschen gesehen, die uns etwas zeigen können: nämlich, wie man lebt, liebt und lacht.

Vielleicht sollten wir öfter innehalten und fragen: Warum habe ich Kinder bekommen? Was möchte ich ihnen mitgeben – und was zeigt ihr Verhalten über mich selbst?

Denn Kinder nerven nicht. Sie fordern uns heraus, uns zu entwickeln. Sie holen das Beste – und manchmal auch das Unverarbeitete – aus uns heraus. Sie sind Spiegel. Vielleicht ist es an der Zeit, hineinzusehen.


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