Warum wir Risiken falsch einschätzen – und was das mit Elektroautos, Impfungen und Flugzeugen zu tun hat
🚗💬 Ein Gespräch im Büro
Heute Morgen kam ich ins Büro. Zwei Kollegen unterhielten sich über Autos – und einer sagte:
„Ich weiß gar nicht mehr, was man sich heutzutage noch kaufen soll. Egal ob Verbrenner oder E-Auto – nach vier Jahren ist das Ding nichts mehr wert.“
Ich fragte: „Wirklich? Woran machst du das fest?“
Er meinte, der Akku beim E-Auto sei dann sowieso hinüber. Ein Bekannter sei mit seinem Tesla eingeschlafen, auf einem Acker gelandet – und der Akku musste ausgetauscht werden. „Akkus halten eben nicht lange. Siehst du ja am Handy.“
Ich konnte nicht anders. Ich fragte zurück: „Und trotzdem hast du ein Smartphone? Oder lieber ein Benzin-Smartphone?“
*„Das ist was anderes“, sagte er. Klar – weil es kleiner ist.
Dann fragte ich ihn, ob er noch mit dem Flugzeug fliegt.
„Na sicher.“
„Und, ist dir bewusst, dass Flugzeuge abstürzen können?“
Er verstand nicht, worauf ich hinauswollte. Aber ich wusste:
Wir reden nicht über Akkus. Wir reden über Risikowahrnehmung. Und die ist oft alles – nur nicht rational.
🧠 Wie unser Gehirn Risiken bewertet
Viele Menschen glauben, sie könnten Risiken einschätzen – dabei tun sie oft genau das Gegenteil.
Wir denken in Einzelfällen, nicht in Statistiken.
Ein kaputter Akku wird zur Regel.
Ein Flugzeugabsturz wird verdrängt.
Ein Nebeneffekt bei einer Impfung wird hochgerechnet – und alle Vorteile ausgeblendet.
Dahinter steckt kein böser Wille, sondern ein alter Denkmechanismus:
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Was wir gehört haben, erscheint uns wahrscheinlicher (Verfügbarkeitsheuristik).
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Was wir schon glauben, wird durch neue Infos bestätigt (Bestätigungsfehler).
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Und was uns verlieren lässt, erscheint uns schlimmer als das, was wir gewinnen könnten (Verlustaversion).
Kurz gesagt: Der Bauch fühlt mit – und denkt oft vor.
🔋 Der Akku-Mythos und die Fakten
Die Angst vor defekten Akkus bei Elektroautos ist weit verbreitet – aber sie hält einem Faktencheck nicht stand:
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Akkus moderner E-Autos halten im Schnitt 8 bis 15 Jahre, je nach Nutzung.
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Viele Hersteller geben Garantien bis 8 Jahre oder 160.000 km.
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Die Austauschrate ist extrem gering. Studien zeigen: unter 1 % der Akkus müssen in den ersten Jahren ersetzt werden.
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Tesla, Nissan Leaf, Renault Zoe – es gibt Millionen Kilometer Daten aus der Praxis.
Und: Der Akku eines E-Autos ist nicht mit einem Smartphone-Akku vergleichbar.
Völlig andere Chemie, Kühlung, Ladezyklen, Steuerung.
Der Vergleich hinkt – aber er klingt vertraut. Und genau darum glauben viele daran.
💉 Impfungen, Flugzeuge, Autos – das gleiche Prinzip
Dasselbe passiert bei anderen Themen:
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Impfungen: Millionen geschützt, aber eine seltene Nebenwirkung wird zur Schreckensmeldung.
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Fliegen: Riesige Risiken werden ignoriert – weil es bequem ist und normal wirkt.
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Tempolimit, Windräder, Wärmepumpen: Die Diskussion ist selten sachlich – fast immer emotional.
Wir wägen nicht objektiv ab, sondern selektiv nach Gefühl.
🛤️ Was das für die Gesellschaft bedeutet
Das wäre kein Problem – wenn es nur um persönliche Entscheidungen ginge.
Aber wir reden hier über Verkehrswende, Gesundheit, Klimaschutz.
Und da braucht es mehr als Bauchgefühl.
Wenn wir Risiken falsch einschätzen, treffen wir falsche Entscheidungen.
Und falsche Entscheidungen – kosten nicht nur Geld. Sie kosten Zukunft.
📎 Fazit: Verhältnismäßigkeit zählt
Es geht nicht darum, Ängste zu belächeln.
Es geht darum, sie zu verstehen – und ihnen mit Fakten zu begegnen.
Denn Leben ist immer Risiko.
Die Frage ist nur:
Wie gehen wir damit um? Rational? Oder reflexartig?
Individuell? Oder gemeinsam?
Ich – Cassian Lent – glaube:
Wenn wir lernen, Risiken richtig zu sehen, können wir bessere Entscheidungen treffen.
Für uns. Für unsere Kinder. Für den Planeten.
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